Krisen – Motor unserer Entwicklung

Veränderung wird oftmals als etwas bedrohliches weil unberechenbares empfunden. So weit gehend, dass manche Menschen selbst in einer objektiv wenig attraktiven Lebenssituation vor Veränderungen zurückschrecken, denn „… es könnte ja noch schlimmer werden. So weiß ich wenigstens, was ich habe, und kann routiniert damit umzugehen“ – auch wenn dieses „Umgehen“ oftmals (unbewusst) nur ein ewiges sich im Kreise alter Muster und Glaubenssätze zu drehen bedeutet. Nur sehr wenige Menschen zeigen sich offen für und neugierig auf Veränderung und sind bereit, dafür Gewohntes und auch Liebgewonnenes loszulassen. Dabei ist dies genau das, was eine Krise initiieren möchte.

危機

Im Chinesischen werden abstrakte Begriffe häufig aus zwei elementaren Wörtern (und damit Schriftzeichen) zusammengesetzt. Ein schönes Beispiel dafür ist das Wort Krise, chinesisch wei-ji: 危機. Wei (危) steht dabei für Gefahr, ji (機) für Gelegenheit bzw. Wendepunkt. Der Ausdruck integriert also beide Seiten der (gleichen) Medaille.1 In unserer Gesellschaft ist der Begriff Krise hingegen eher einseitig negativ konnotiert, wird mit einer Situation in Verbindung gesetzt, die unerwünscht und leidvoll ist und auf die Weise „repariert“ gehört, dass – fatalerweise – der Zustand vor der Krise wieder hergestellt werden soll.

Der von mir unter anderem aufgrund seiner Sprach- und Literaturbegeisterung sehr geschätzte Dieter Lange unterscheidet die Begriffe Veränderung und Wandel. In seinem Verständnis bedeutet Veränderung einen rein quantitativen Prozess (aus unternehmerischer Sicht „mehr vom Gleichen“), während nur Wandel ein qualitativer, struktureller Prozess ist. Er zitiert in diesem Zusammenhang gerne Goethes Aussage „Getretener Quark wird breit, nicht stark“, und postuliert den Schmetterling anstelle einer verbesserten Raupe.2 Ich teile seine Wortdeutung im Kontext persönlicher Entwicklung zwar nicht (sodass ich weiter das Wort Veränderung verwende), halte aber das Bewusstsein dieser inhaltlichen Unterscheidung für sehr wichtig.

Warum fatal? Wenn der in die Krise geratene Mensch doch im vorherigen Zustand auf allen Ebenen und in allen Lebensbereichen voller Herz und Hingabe seine Bestimmung gelebt hat, wäre es doch großartig, wenn sich dieser Zustand wieder erreichen lässt!? Ich behaupte jedoch, dass eine Krise genau darauf angelegt ist und nur entsteht, um darauf hinzudeuten, dass eben dies genau nicht der Fall ist – egal ob es um eine Unstimmigkeit im Umgang mit sich selbst oder im privaten, beruflichen oder öffentlichen Kontext geht – oder eine Kombination davon. Die Krise ist darauf angelegt, die Lebenslüge(n) zu entlarven.

Leid und Schmerz, egal ob seelisch oder körperlich, sollten also Antrieb für Entwicklung sein. Sie sind ein deutliches Signal der Seele, die uns auffordert: Schau genau hin, sorge für Dich, nimm Dein Leben in die Hand, gehe Deinen Weg! Ignorierst Du diese Botschaft und wählst weiterhin den Weg des Wegsehens und Verdrängens, werden Leid und Schmerz größer werden. Du hast die Wahl, Dich zermürben und zu Boden zwingen zu lassen oder anzunehmen und Dich zu verändern.

Auch hierbei gilt es, das Ego samt seiner Glaubenssätze zu überwinden, „hat man doch mit viel Mühe und Aufwand endlich perfekt erscheinende Theorien fabriziert, die den Menschen von der Eigenverantwortung befreien und die Schuld auf die Gesellschaft, Krankheitserreger oder den bösen Zufall projizieren. (…) Wenn der Mensch jedoch beginnt, sich selbst ehrlich gegenüber zu werden – und dies ist die schwerste Form der Ehrlichkeit –, muss er erkennen, dass er erst mit der Übernahme der vollen Verantwortung für alles, was ihm geschieht und was er erlebt, die Sinnhaftigkeit erkennen kann. Verantwortung und Sinnhaftigkeit lassen sich nicht voneinander lösen – beide bedingen sich gegenseitig.“ 3

Wer Magenbeschwerden bekommt darf sich also fragen, was in seinem Leben nicht mehr (leicht) verdaulich ist oder er gar zum Kotzen findet. Wessen Augen erkranken sollte sich eingestehen, was er nicht sehen oder wohin er nicht mehr (so genau) schauen mag. Wer Herzbeschwerden hat darf sich fragen, in welchen Lebensbereichen er gegen sein Herz lebt. Und wenn man es dann einmal getan hat, vielleicht mithilfe professioneller Unterstützung, dann gibt es oftmals kein Zurück in die alten Muster und Strukturen mehr. Dann ist Veränderung unausweichlich und manchmal gar vom betroffenen Menschen selbst sehnlichst erwünscht.

Wesentlich ist für mich dabei folgende Erkenntnis: Du kannst Veränderung nicht verhindern, aber du kannst sie gestalten. Hierin konkretisiert sich einmal mehr das Prinzip der Polarität in Form des Unterschiedes zwischen einem angstvollen, selbstzerstörerischen Opfer-Dasein und einem erfüllten Leben in Frieden und Einheit mit sich selbst.

Und ja, Veränderung braucht Mut, Vertrauen und Hingabe. Einfacher wird es, wenn man erkennen darf, dass man stets zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Helfer und Impulse bekommt. Das Leben schenkt sie uns, wenn wir es zulassen, indem wir ihm offen, gelassen, vertrauensvoll, annehmend und demütig begegnen. Das klingt leicht, mehr braucht es tatsächlich nicht, und ist doch so schwer. Aber was ist die Alternative?

Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas verändert.

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Daher: Nutze die Chance! Entscheide Dich im Krisenfall bewusst für das Ji und setzte damit ein energetisches Signal in die Welt. Du weißt, Deine Gedanken schaffen Realität – allerdings auch dann, wenn Du Dich für das Wei entscheidest. Bitte sei Dir dessen bewusst.

Aus seelischer Sicht betrachtet sind wir übrigens inkarniert, um anspruchsvolle, mitunter auch sehr schmerzliche Erfahrungen zu machen. Die Seelen möchten in ihrem unstillbaren Durst nach Entwicklung die Ecken, Kanten und Untiefen in der Polarität des physischen Lebens mit maximaler Härte spüren, da dies in ihrer Heimat, der astralen Welt, nicht möglich ist, da die Schwingung dort die reine Liebe ist. Sie treffen deshalb im Vorfeld jeder Inkarnation untereinander Verabredungen wie ein Drehbuch. Genau darum kommt alles wie es kommen soll und nichts im Leben ist Zufall! Willst Du mehr darüber erfahren, so lade ich Dich ein, meinen Beitrag Die Welten der Seelen zu lesen.

Ich wünsche Dir, dass Du mit diesem Wissen Dir möglicherweise begegnenden Lebenskrisen mit anderen Augen und größerer Gelassenheit betrachten und sie dankbar und hoffnungsvoll annehmen kannst.

Namaste!
Thomas


Abbildungsnachweis

  • Beitragsbild: PxHere (CC0 Public Domain)
  • Raupe: PxHere (CC0 Public Domain)
  • Chan[g|c]e © Thomas Hönemann
Fußnoten
  1. vgl. https://www.zeit.de/2003/36/Stimmts_Chin__Schriftzeichen und https://en.wikipedia.org/wiki/Chinese_word_for_“crisis“ []
  2. vgl. https://www.dieter-lange.com/vortrag/bessere-raupe-statt-schmetterling-oder-getretener-quark-wird-breit-nicht-stark-goethe/ []
  3. Thorwald Dethlefsen: Schicksal als Chance. Das Urwissen zur Vollkommenheit des Menschen, München 1979, S. 206 []
  4. frei übersetzt nach Narcotics Anonymous. Approved Literature – 12 Steps and 12 Traditions, Second Edition, Chatsword 1982, S. 21. Dieses Zitat wird öfters Albert Einstein zugeschrieben, dem es auch durchaus zuzutrauen wäre, allerdings lasst sich dies Zuordnung nicht bestätigen, siehe https://quoteinvestigator.com/2017/03/23/same/#note-15768-7. []