Die Welten der Seelen

Die Welten der Seelen zu verstehen, bedeutet für unser durch Polarität und Trennung geprägtes Vorstellungsvermögen eine echte Herausforderung. Wir sind aufgefordert, die eingetretenen Pfade zu verlassen und uns heraus aus den üblichen, eng begrenzten Denkmustern zu bewegen.

Im deutschsprachigen Raum ist das Medium Varda Hasselmann mit ihrem Partner Frank Schmolke führend in der Erforschung der Welten der Seelen. Sie charakterisieren die rein aus Energien bestehende feinstoffliche Heimat der Seelen mit den Begriffen „Nichtraum“ und „Nichtzeit“.1 Dort herrscht in völliger Unabhängigkeit von Raum und Zeit die absolute Verbindung von allem mit allem. Alles ist eins.

Jede einzelne Seele birgt demnach alle zeitlichen und räumlichen Dimensionen, nämlich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ebenso wie das Hier und das Überall, in sich. Sandra Ruzischka verwendet dafür den Begriff „Interdimensionalität“.2 Zur Veranschaulichung der Verbindung nutzt sie das Bild des Ozeans:

Stelle dir die Seele als Wassertropfen im riesigen Ozean vor. Der einzelne Wassertropfen mag nicht mehr als Individuum erkennbar sein, aber dennoch ist er es. Lediglich seine Grenzen verschwimmen. Das Wasser erscheint als einzige große Masse. Somit ist jeder Wassertropfen mit jedem anderen Wassertropfen verbunden. Alle Seelen/Wassertropfen ergeben zusammen ein größeres Gemeinsames – den Ozean. (…)
Das Ganze ist größer als die Summe seiner Teile. 3

Einziges strukturierendes Element ist der unterschiedliche Entwicklungsstand der Seelen, das sogenannte Seelenalter. Die Reifung geschieht im Rahmen von Inkarnationszyklen, die in Etappen stattfinden. Hasselmann und Schmolke empfingen aus der Quelle eine „einzigartige Typologie (…). Diese unterteilt sich in Säugling-Seele, Kind-Seele, Junge Seele, Reife Seele und Alte Seele. In jedem Inkarnationsschritt sind entsprechende Lernaufgaben in Bezug auf alle wichtigen Aspekte eines Menschenlebens zu bewältigen: Beziehungen, Erfolg, Gesundheit oder die Position in der Gesellschaft.“4

Die Inkarnation – Sehnsucht nach Erfahrung

Da die Schwingung in den feinstofflichen Welten der Seelen aufgrund der universellen Ganzheit reine Liebe ist, ist nur in der trennenden Raum-Zeit-Polarität unserer physischen Welt das Sammeln von Erfahrungen des Seins möglich. Denn nur hier gibt es die Unterscheidung zwischen Extremen wie gut und böse, schwarz und weiß, warm und kalt, Tag und Nacht, Wahrheit und Lüge, Liebe und Angst, Mann und Frau, Leben und Tod, samt aller dazwischen gelagerten Abstufungen. Dieses polare Spektrum mit seiner breiten Fülle an Eigenschaften ermöglicht den Seelen in der fragmentierten, individualisierten Welt der Inkarnation erst das Erkennen und Ausleben der Anteile ihres Seins.

Um zu inkarnieren spalten sich einzelne Seelen aus der Ganzheit, nehmen durch Verbindung mit dem Körper eines Menschen (= Inkarnation, lat. inkarnatio, wörtlich übersetzt ‚zu Fleisch werden‘) Form an und begeben sich somit in die Erfahrungswelt des irdischen Lebens. Der Weg in die Vereinzelung wird nicht allein gegangen, die Seelen erfahren dabei Unterstützung durch ihnen in besonderer Weise verbundene Seelenverwandte. Dies sind vor allem die Mitglieder der Seelenfamilie, auch Seelengeschwister genannt, mit denen sie aus der Ganzheit der Urseelen, der Urseelenwolke heraus einst gleichzeitig „das Abenteuer der Inkarnation begonnen haben“.5 Sie sind somit Brüder und Schwestern vom Ursprung her, mit denen sie trotz der Isolation stets energetisch verbunden sind.

Jede Seelenfamilie ist einzigartig und in ihrer Grundschwingung von bestimmten Bedeutungen und Energien geprägt, die erst im Zusammenspiel mit größeren Seelenverbänden zum Ausdruck kommen. Hasselmann und Schmolke unterscheiden dabei sieben Grundenergien, die auf der Ebene der Seelenrollen durch bestimmte Archetypen repräsentiert werden: Heiler, Künstler, Krieger, Gelehrter, Weiser, Priester und König.6

Die Seelenfamilie ist „ein Hort des Schutzes und der Sicherheit.“7 Seelengeschwister stehen sich in der Phase des Inkarnationszyklus liebevoll und selbstlos zur Seite, haben ein großes, oft keine Worte benötigendes Verständnis und Einfühlungsvermögen füreinander und nehmen sich wie sie sind. Gerade in schwierigen Lebensphasen treten Seelengeschwister als Begleiter, Unterstützer und Förderer auf.8 Diese tiefe, innige energetische Verbindung können wir offenen Herzens in unserem Alltag spüren: Wir begegnen Menschen, die uns auf Anhieb sympathisch und vertraut sind, attraktiv, also anziehend auf uns wirken, so als würde man sich schon lange kennen – was auf seelischer Ebene tatsächlich oftmals der Fall ist! Und analog kennst Du sicher auch Beispiele für Menschen, die Dir auf Anhieb unsympathisch waren, abstoßend auf Dich wirkten.

Die Seelenfamilie umfasst etwa 1000 vereinzelte Seelen und bildet das kleinste energetische Ganze in den Welten der Seelen. Die Inkarnationserfahrungen jedes einzelnen Mitgliedes gehen somit in das Bewusstsein der gesamten Familie ein, bilden eine einzigartige Identität.9

Weitere Seelenverwandte

Über die Seelengeschwister hinaus gibt es weitere Seelenverwandte mit denen gemeinsame Inkarnationen durchlebt werden, die sich aber vom Seelenalter her unterscheiden können. Ruzischka bezeichnet sie als Seelengefährten, die uns Möglichkeiten eröffnen, noch nicht abgeschlossene Themen vergangener Inkarnationen weiterhin zu beleben und zu bearbeiten. Diese Gruppe ist eine offene Gruppe, das bedeutet es können fremde Seelen hinzukommen, mit denen wir bisher in noch keiner Inkarnation in Berührung gekommen sind, umgekehrt können andere auch wieder aus dem gemeinsamen Inkarnationszyklus ausscheiden.8 Hasselmann und Schmolke nennen als Beispiele solcher Seelengefährten alte Freunde und alte Feinde sowie karmische Verstrickungen. In ihrer Terminologie sind solche Seelen vor allem der bis zu 7000 Seelen großen Seelensippe oder dem bis zu 49000 Seelen umfassenden Seelenstamm zuzuordnen. Alle Seelen, die sich auf der Erde in den Körpern von Menschen verwirklichen, bilden ein Seelenvolk.10

Die Inkarnation ist ein unter Seelengeschwistern verabredeter und gemeinsam geplanter Vorgang mit dem Ziel des Reifens und Sammelns neuer Erfahrungen. Bestimmte Aspekte, Anteile und Potenziale, die in der jeweiligen Inkarnation betrachtet und entwickelt werden sollen, werden vorab ausgewählt und wie in einem Drehbuch für ein Rollenspiel, das Raum für Improvisationen lässt, durch entsprechende Konstellationen und Situationen angebahnt. Dabei ist es eher selten, dass die Mitglieder der Seelenfamilie auch in der Inkarnation als nahe Verwandte auftreten.11 Rollenverteilung und Besetzung richten sich ganz nach den Erfordernissen der angestrebten Erfahrungen.

Gemeinsam werden schöne Erlebnisse, vor allem aber sehr leidvolle Szenarien geplant, denn sie bieten den Seelen das größte Erfahrungs- und Wachstumspotenzial. Was wir im irdischen Leben als existenzielle Krise, äußerste Belastung oder harten Schicksalsschlag empfinden ist das, woran die Seelen am meisten reifen. Sie, die Autoren des Drehbuchs, kennen den Sinn, freuen sich auf die neue Erfahrung und wissen: Wir sind nicht allein! Die Seelengeschwister an unserer Seite helfen uns, das Erlebnis und die damit verbundenen Lernaufgaben zu verkraften und zu meistern.

„An unserer Seite“ bedeutet übrigens nicht die gleichzeitige Inkarnation der gesamten Seelenfamilie. Im Gegenteil: Nur ein Teil begibt sich in das Abenteuer des irdischen Lebens, der Rest verbleibt bewusst in der astralen Welt, um die in die physische Welt inkarnierten Geschwister energetisch zu unterstützen. Sie sind ständig mit ihnen in Verbindung, senden gute Energien und können, wenn sie sie z. B. in deren Träumen besuchen, wichtige Impulse und Erkenntnisse vermitteln.12

Lernen ist Schattenarbeit

Den mit der Inkarnation verbundenen Lern- und Entwicklungsprozess untergliedert Ruzischka in drei aufeinander aufbauende Schritte:

1. Das Bewusstwerden der inneren Schattenanteile,

2. das Transformieren dieser Schattenanteile in Licht,

und schließlich

3. die Integration der transformierten Schatten und Ganzwerdung als Verwirklichung des Lebensplanes.13

Ist eine Seelenfamilie auf diese Weise zur Ganzheit gelangt, ist der etwa 10 000 Jahre andauernde Inkarnationszyklus abgeschlossen, und die Familie geht in die kausale Welt über, um dort wieder (wie auch vor dem Inkarnationszyklus) in einer Ganzheit zu verschmelzen. Von dort aus können sie als geistige Wesenheit Kontakt mit inkarnierten Seelen aufnehmen, um ihr Wissen weiterzugeben.14 Auch daran wird deutlich: Was wir aufgrund unserer Prägung als Kontinuum an einer Zeitachse ausrichten und in verschiedenen Sphären verorten würden, geschieht jenseits von Raum und Zeit. Alles ist jetzt und immer, hier und überall.

Die Struktur der Welten der Seelen sowie der unterschiedlichen Verwandtschaftsgrade und Entwicklungsstufen findest Du hier zusammenfassend abgebildet:

© Thomas Hönemann, 2019

Abbildungsnachweis:

  • Beitragsbild: Sebastian Voortmann auf pxhere (CC0 public domain)
  • Buchcover © Goldmann Verlag
  • Die Welten der Seelen: Eigene Darstellung auf der Basis von Hasselmann/Schmolke (2001), S. 50ff., © für die grafische Darstellung Thomas Hönemann (2019), Symbol Seelen: freepik.com / yurlick (lizenzfrei)
Fußnoten
  1. Varda Hasselmann und Frank Schmolke: Die Seelenfamilie. Sinn und Struktur seelischer Beziehungen. Durchsagen aus der kausalen Welt IV, München 52001, S. 33 []
  2. Sandra Ruzischka: Das Geheimnis der Dualseelen, Seelengefährten und Seelengeschwister. Karmische Verbindungen und über die großen Herausforderungen dieser Begegnungen in unserem Leben, Leipzig 42008, S. 18 []
  3. Ruzischka (2008), S. 13. Der letzte Satz des Zitats entspricht dem Verständnis von Synergie nach Hermann Haken, vgl. Changlin Zhang: Der unsichtbare Regenbogen und die unhörbare Musik. Die Entdeckung der Zusammenhänge zwischen
    elektromagnetischen Feldern in Lebewesen und den Wirkungen von Akupunktur, Klangtherapie und anderen komplementären Heilmethoden, Battweiler 2010, S. 66 []
  4. Varda Hasselmann und Frank Schmolke: Junge Seelen – Alte Seelen: Die große Inkarnationsreise des Menschen, Göttingen 2016 []
  5. Ruzischka (2008), S. 50 []
  6. vgl. Hasselmann/Schmolke (2001), S. 40-50 []
  7. Hasselmann/Schmolke (2001), S. 93 []
  8. vgl. Ruzischka (2008), S. 51 [][]
  9. vgl. Hasselmann/Schmolke (2001), S. 88 []
  10. vgl. Hasselmann/Schmolke (2001), S. 94ff., 90ff. und S. 54ff. Auch hier findest Du übrigens die bereits im Kontext der Grundenergien gelesene Zahl Sieben wieder, diesmal als Zahl der Seelenfamilien pro Sippe sowie der Sippen pro Stamm. Zur besonderen Bedeutung der Zahl Sieben in den Welten der Seelen vgl. ebd., S. 41 []
  11. vgl. Hasselmann/Schmolke (2001), S. 52 []
  12. vgl. Ruzischka (2008), S. 50 []
  13. vgl. Ruzischka (2008), S. 16. Diese Struktur lehnt sich an das von Rüdiger Dahlke beschriebene Schattenprinzip an (vgl. Rüdiger Dahlke: Das Schatten-Prinzip. Die Aussöhnung mit unserer verborgenen Seite, München 82010). Als innere Schatten gelten dabei „jene Aspekte unseres Wesens (.), die uns unliebsam und nicht wünschenswert erscheinen“ (Ruzischka (2008), S. 42). Mehr zu diesem Aspekt findest du in meinem Beitrag Das Ego – der Feind in dir. []
  14. Ein Beispiel dafür ist die sich über das Medium Varda Hasselmann Ausdruck verschaffende (von den Autoren „die Quelle“ genannte) Wesenheit, die die Informationen für die von Hasselmann und Schmolke veröffentlichten Bücher zum Themenbereich Seele zur Verfügung stellt (vgl. Hasselmann/Schmolke (2001), S. 7ff.). []